Das Mikrobiom

Ist es gesund, sind wir „gut drauf“!

Das Mikrobiom - unser neues Superorgan

Noch vor wenigen Jahrzehnten galten Bakterien als „iiih“. Diese Sichtweise hat sich indes grundlegend gewandelt: Heute wissen wir, welch vielfältige Aufgaben der bakterielle „Vielvölkerstaat“ in unserem Darm erfüllt, um unsere Körperfunktionen zu unterstützen. Neuesten Zählungen zufolge bilden zwischen 2.000 und 3.000 Bakterienarten unser Mikrobiom, und die meisten leisten uns gute Dienste.

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Bakterien in aller Munde

Die mikrobielle Besiedelung des Magen/-Darmtrakts erfolgt ausschließlich durch den Mund, ob im Geburtskanal oder im fortgeschrittenen Alter. Darmbakterien gewinnen ihre Energie durch Fermentation nichtverdaulicher Nahrungsbestandteile. Was wir nicht verwerten können, sind Leckerbissen für unsere Freunde. Diese bilden daraus wichtige Metabolite wie zum Beispiel die kurzzeitigen Fettsäuren „Butyrate“. Diese wiederum bauen unsere Darmschleimhaut auf und unterstützen das Immunsystem im Gehirn. Eine wunderbare Symbiose.

Mit jedem Bissen füttern wir auch unser Darm-Mikrobiom!

Das ist insofern entscheidend, als bestimmte Leitkeimstämme ihre „Nahrungs-Vorlieben“ haben und gleichzeitig wichtige Aufgaben für den Wirt, also uns Menschen, übernehmen.

Dabei sind diese Bakterien sensible Familienwesen: Erst die Gemeinschaft bestimmt ihre Aktivität!

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Die Zahlen sprechen für sich

80%

80% unserer Immunzellen sitzen in der Darmwand. 70% der Lymphozyten befinden sich im lymphatischen Gewebe des Darms. 60% des Immunglobulins A (sIgA) befindet sich in der Darmschleimhaut und bindet hier pathogene (krankmachende) Stoffe. Im Darm entscheidet sich, ob wir infektanfällig sind, Allergien, Autoimmunerkrankungen, andere chronische oder auch schwere Erkrankungen entwickeln – oder nicht.

400qm

Das Darm-Mikrobiom belegt eine Fläche von rund 400 qm. Dies erscheint auch angemessen, betrachtet man die Fülle seiner Aufgaben: Es ist zuständig für die Nahrungs-Resorption, die Schadstoff-Elimination, die orale Toleranz (Nahrungsmittelverträglichkeit) und viele weitere Aufgaben. Zum Vergleich: Unsere Haut kommt auf ca. zwei qm.


Der Darm ist zuständig für die Produktion von wichtigen Hormonen, Neurotransmittern und Vitaminen, die Bildung von kurzkettigen Fettsäuren zur Unterstützung des Immunsystems im Gehirn (Mikroglia), die Aufrechterhaltung der Darm-Körper-Barriere, und es spielt eine wichtige Rolle beim Schutzwall des Gehirns, der Blut-Hirn-Schranke.

Außerdem beherbergt der Darm unser emotionales Gedächtnis. Störfaktoren in den ersten Lebenstagen und -wochen (wie z. B. Antibiotika) können aus dem Säugling einen stress- und depressionsanfälligen Erwachsenen werden lassen.

Studien an Zwillingspärchen mit Multipler-Sklerose-Genetik haben gezeigt, dass der Ausbruch der Krankheit vom Darmmikrobiom abhängt. Bekommt dieses im Kindesalter häufig Antibiotika, ist die Entwicklung der Krankheit wahrscheinlicher. Im Übrigen haben Antibiotika in frühen Kindheitstagen eine ähnlich dramatische Bedeutung für das spätere Körpergewicht.